september 2025

„Liquidität ist das Schmiermittel jeder erfolgreichen Transaktion“

Doppelinterview mit Samuel V. Gmeinder, Vertriebsleiter Region Süd, Nord Leasing GmbH, und Jonas Eckhardt, Partner, Falkensteg Corporate Finance

Der deutsche Mittelstand befindet sich im Umbruch: Hoher Investitionsbedarf, begrenzter Zugang zu Fremdkapital und eine bevorstehende Welle an Unternehmensnachfolgen setzen Unternehmen unter Druck. Laut der M&A-Analyse von RSM Ebner Stolz hat sich der Markt zwar insgesamt eingetrübt, doch vor allem kleinere und mittlere Transaktionen zeigen sich weiterhin widerstandsfähig. Strategische Käufer agieren dabei selektiver als in den Vorjahren. Wer in diesem Umfeld eine Transaktion vorbereitet, braucht eine belastbare Finanzierungsstrategie – und Liquidität als Spielraum. Ein bewährtes, aber oft unterschätztes Instrument dafür ist Sale & Lease Back von Maschinen und Produktionsanlagen. Richtig eingesetzt, kann es entscheidend zur erfolgreichen Gestaltung eines Unternehmensverkaufs beitragen.
Interview: Eva Rathgeber

Herr Gmeinder, Herr Eckhardt, wie steht es aktuell um die finanzielle Verfassung des deutschen Mittelstands?
Samuel V. Gmeinder: Man muss nüchtern sagen: Der Mittelstand befindet sich in einer schwierigen Phase. Die M&A-Analyse von RSM Ebner Stolz zeigt: Auch wenn der Bereich kleiner und mittlerer Transaktionen vergleichsweise robust ist, geraten viele Unternehmen operativ und bilanziell unter Druck. Treiber sind vor allem Investitionsbedarf in Digitalisierung und Nachhaltigkeit, steigende Finanzierungskosten und die bevorstehende große Nachfolgewelle. Banken agieren restriktiver, der Zugang zu klassischem Fremdkapital ist eingeschränkt. Für viele Unternehmer stellt sich zunehmend die Frage: Wie halte ich mein Unternehmen finanzierungsfähig – auch im Hinblick auf einen möglichen Verkauf?
Jonas Eckhardt: Dem kann ich nur zustimmen. Wir beobachten in unseren Mandaten eine deutliche Zunahme von strukturellen Herausforderungen. Zugleich steigt der Transaktionsdruck, weil keine Nachfolger vorhanden sind, oder weil strategische Investoren zurückhaltend sind bei der Suche nach Übernahmezielen. Da gilt es sich attraktiv zu machen und aufzufallen. Doch viele Unternehmen sind schlicht nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft entsprechend zu positionieren. Die Liquidität fehlt – und das hemmt nicht nur das Tagesgeschäft, sondern auch die Vorbereitung auf einen Unternehmensverkauf.

Wie kann Sale & Lease Back hier konkret helfen?
Gmeinder: Sale & Lease Back ist ein pragmatischer Weg, um gebundenes Kapital kurzfristig zu aktivieren. Maschinen und Produktionsanlagen, die bilanziell abgeschrieben sind, können durch einen Verkauf mit sofortigem Zurückmieten zu Liquiditätsträgern werden – ohne dass das Unternehmen operative Einschränkungen hinnehmen muss. In der Praxis sehen wir, dass das freigesetzte Kapital oft direkt in M&A-Prozesse investiert wird – etwa für Due Diligence, Wachstumsmaßnahmen oder zur Verbesserung von Kennzahlen, um den Kaufpreis zu optimieren.
Eckhardt: Sale & Lease Back kann ein sinnvolles Element im Finanzierungsmix einer Unternehmenstransaktion sein – insbesondere für Käufer, die darüber Kapital für den Erwerb oder für anschließende Wachstumsinvestitionen freisetzen. Für den Verkäufer kann diese – richtig eingebettet – interessante Impulse setzen, gerade wenn andere Finanzierungswege begrenzt sind. Gleichzeitig sollte man die langfristigen Verpflichtungen und deren Einfluss auf die künftige Flexibilität genau im Blick behalten. Entscheidend ist, dass es in die übergeordnete Transaktionsstrategie passt und nicht isoliert betrachtet wird. Dann kann es im passenden Fall einen wertvollen Beitrag leisten.

Inwieweit beeinflussen geopolitische und wirtschaftliche Unsicherheiten die Bereitschaft zum Unternehmensverkauf?
Eckhardt: Sie beschleunigen ihn sogar. Viele Unternehmer erkennen, dass die Herausforderungen nicht kurzfristiger Natur sind. Lieferketten, überbordende Bürokratie, Energiepreise, Zollstreit, Fachkräftemangel – das sind strukturelle Faktoren. Wer verkaufen will, tut das jetzt – bevor Bewertungen weiter unter Druck geraten. Für strategische Investoren und Private Equity wird es hingegen wieder attraktiver, einzusteigen – insbesondere dort, wo operative Potenziale vorhanden sind. Das Problem ist oft: die Liquidität auf Verkäuferseite reicht nicht aus, um notwendige Transformationsmaßnahmen zu finanzieren. Hier sind sämtliche denkbaren Finanzierungsinstrumente in der Business Planung für den M&A-Prozess zu evaluieren, um Planungssicherheit zu schaffen.
Gmeinder: Unternehmensverkauf ist heute nicht mehr allein eine Frage der Bewertung – sondern der strategischen Vorbereitung. Dazu gehört eben auch die Fähigkeit, Bilanzspielräume zu nutzen, ohne neue Schulden aufzunehmen. Sale & Lease Back ist kein Fremdkapital, sondern eine bilanzwirksame Umwidmung vorhandener Werte. In Kombination mit anderen Finanzierungsformen kann das ein wichtiger Baustein sein, um auf Augenhöhe in Verhandlungen zu treten.

Viele Unternehmer fürchten Kontrollverlust oder langfristige Abhängigkeiten durch Sale & Lease Back. Was entgegnen Sie?
Gmeinder: Diese Bedenken sind verständlich – aber meist unbegründet. In unseren Modellen behalten die Unternehmen die volle Nutzungshoheit über ihre Assets. Die Vertragslaufzeiten sind flexibel, die Leasingraten planbar. Sale & Lease Back ist kein klassisches Outsourcing – es ist ein temporärer Liquiditätshebel. Entscheidend ist, dass das Unternehmen die neue Finanzstruktur aktiv für sich nutzt – sei es für Investitionen, Stabilisierung oder eben für einen Verkauf.
Eckhardt: Ich sehe diese Vorbehalte oft in Gesprächen mit Unternehmern, und sie sind nachvollziehbar. Langfristige Verpflichtungen können die Flexibilität einschränken. Richtig eingesetzt, kann Sale & Lease Back jedoch Mehrwert schaffen – etwa als ergänzender Baustein, um Liquidität zu generieren und Handlungsspielräume zu erweitern. Wichtig ist, die vertraglichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen und das Instrument bewusst in die Gesamtfinanzierungsstrategie einzubetten.

Ihr Fazit?
Gmeinder: Unternehmen, die heute verkaufen wollen, müssen morgen liquide sein. Sale & Lease Back kann dafür ein entscheidender Impulsgeber sein – effizient, flexibel und bilanziell klug.
Eckhardt: Wer seinen Verkauf strategisch vorbereitet, nutzt alle Optionen. Sale & Lease Back entfaltet seinen größten Nutzen, wenn es gezielt in ein stimmiges, langfristig tragfähiges Finanzierungskonzept integriert wird.


Samuel V. Gmeinder

Vertriebsleiter Region Süd bei der Nord Leasing GmbH

Samuel V. Gmeinder hat eine 15-jährige Erfahrung im Finanzierungs- und Leasing-Bereich vorzuweisen. Er besitzt einen Bachelor (BA) in Business Administration und war vor seinem Einstieg in die Nord Leasing GmbH als Firmenkundenberater für eine Privatbank tätig.


Jonas Eckhardt

Partner bei Falkensteg Corporate Finance

StB Jonas Eckhardt kann auf ein 20-jähriges Know-how im Bereich M&A zurückgreifen. Seine Schwerpunkte liegen in der (distressed) M&A-Beratung, Verhandlungsführung, Carve-Outs sowie in der Sanierung und Restrukturierung.


»Dieser Beitrag erscheint in der nächsten Unternehmeredition-Magazinausgabe 3/2025
mit dem Schwerpunkt „Unternehmensnachfolge“
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